Moorleichen

Als ich dann anfing zu singen, dachte ich, dass ich singe, um Sänger zu werden, dass ich auf der Uhr fünf nach acht sah, das Morgenlied in der dritten Klasse, ein hohes Gezwitscher, fast wie Farinelli, der Kastrat, die Glocken noch nicht in Betrieb, aber dann sackte mir der Kehlkopf eine halbe Oktave ab, die Stimmlippen dehnten sich und ich sang nicht mehr, ich gurgelte nur noch, bis ich meinen Bariton fand, natürlich den hohen Bariton. Man könnte doch Geisterhymnen singen, sang ich also Geisterhymnen. Man könnte doch Moorleichen besingen, besang ich also Moorleichen, denen man die Brustwarzen in Scheiben geschnitten hatte, auf dass sie zwar keine Könige mehr sein – aber immer noch tanzen konnten.

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