Mummenschanz. Stück für Stück: Mummenschanz in großen Hallen

Mummenschanz in großen Hallen

Wortkompositionen sind manchmal die Keimzelle für ein bestimmtes Gefühl, mit dem ich arbeite. Ich habe sehr viele linguistische Spielerein produziert, und dadurch wurde mir im Laufe der Zeit der Titel oft genauso wichtig wie der folgende Textkörper. Für Mummenschanz in großen Hallen war einmal mehr die Idee der Vergänglichkeit (oder besser gesagt die Idee des Wandels) verantwortlich, aber zu Beginn stand das Wort “Mumpenzimmer”. Das Wort “Mumpe” ist ein Kofferwort aus “Microballons” und “Pampe” und bezieht sich auf einen Füllstoff. Allerdings wusste ich davon nichts. Mir ging es darum, einen Raum zu benennen, in dem die Seelen ausrangierter Dinge landen. Es ist ein Spiel mit der Transformation, die eigentlich von Platons Ideenlehre abstammt, natürlich indem ich ihm widerspreche. Selbstverständlich ist ein Knopf ein Knopf und wird nie etwas anderes sein. Anders wie etwas Platons “Knopfheit” aber gibt es bei mir die Progression der Bestimmung. Einfach ausgedrückt: ein Knopf mag eine Weste schließen, aber in meinen großen Hallen kann er vielleicht irgendwann dasselbe mit einer Türe tun. Darum geht es freilich nicht alleine, aber ich werde einen Teufel tun, irgendeine Interpretation zu liefern. Ich gehöre zu jenen Autoren, die keinen Anspruch auf die Deutung eines Werkes geltend machen, sobald es in die Öffentlichkeit gelangt ist. Ich habe oft genug dem Raunen der Interpreten zugehört und mich gewundert, aber es war vielmehr ein Staunen.

Wir müssen uns den Begriff Mummenschanz noch etwas genauer ansehen. Nicht, dass jedem klar sein dürfte, dass er mit Verkleidung und Maskerade zu tun hat, schließlich mit dem Vermummen und Verhüllen. Aber obwohl deutsche Quellen aus dem 16. Jahrhundert auf den Karneval hinweisen, bei dem maskierte Personen von Haus zu Haus gingen und ein Würfelspiel an der Türe anboten, wurde der Mummenschanz bereits im 18. Jahrhundert nur noch mit harmloser Verkleidung in Verbindung gebracht (so sicher war das eigentliche Würfelspiel nämlich nicht, man konnte natürlich alles gewinnen, aber man konnte eben auch alles verlieren.)

Die eigentliche Wurzel finden wir in der griechischen Mythologie, wo Momus die Personifikation der Satire und des Spottes ist. Als scharfzüngiger Geist, der ungerechte Kritik übte, wurde Momus schließlich aus der Gesellschaft der Götter des Olymp verstoßen. Hesiod sagte, dass Momus ein Sohn der Nacht (Nyx) war.

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